Ist die Heiligenverehrung Götzendienst?
Die
Diskussion über die Heiligenverehrung in der katholischen Kirche und die Interpretation des zweiten Gebots ist ein komplexes Thema, das sowohl theologische als auch historische Dimensionen umfasst. Die katholische Kirche betrachtet die Verehrung der Heiligen nicht als Götzendienst, sondern als eine Form des Respekts und der Anerkennung
für diejenigen, die ein heiliges Leben geführt haben und nun bei Gott sind. Der Unterschied zwischen Anbetung und Verehrung ist zentral für das Verständnis dieser Praxis. Dennoch bleibt das Thema umstritten und wird unterschiedlich interpretiert, insbesondere zwischen verschiedenen christlichen Konfessionen.
1. Das zweite Gebot
Das zweite Gebot, wie es im Alten Testament (2. Mose 20,4-5)
formuliert ist, warnt vor dem Götzendienst und dem Anbeten von Bildern
oder Statuen. Kritiker argumentieren, dass die Verehrung von Heiligen
und deren Darstellungen in Form von Statuen oder Bildern gegen dieses
Gebot verstößt.
2. Unterscheidung zwischen Anbetung und Verehrung
- Anbetung (latria): In der katholischen Lehre wird
Gott allein mit Anbetung verehrt. Dies ist die höchste Form der
Ehrerbietung, die nur Gott zusteht.
- Verehrung (dulia): Die Heiligen hingegen werden
nicht angebetet, sondern verehrt. Diese Verehrung ist eine Form des
Respekts und der Anerkennung ihrer besonderen Rolle als Vorbilder im
Glauben und Fürsprecher bei Gott.
- Hyperdulia: Eine besondere Form der Verehrung wird Maria, der Mutter Jesu, zuteil, die über der Verehrung anderer Heiligen steht.
3. Theologische Grundlagen
- Die katholische Kirche sieht die Heiligen als Menschen an, die ein
vorbildliches Leben geführt haben und nun im Himmel sind. Sie können für
die Gläubigen beten und ihre Fürsprache anbieten.
- Die Verehrung der Heiligen wird als Teil des „Communio Sanctorum“
(Gemeinschaft der Heiligen) verstanden, was bedeutet, dass alle
Gläubigen – sowohl lebende als auch verstorbene – miteinander verbunden
sind.
4. Biblische Grundlagen
- Es gibt biblische Hinweise auf das Bitten um Fürsprache von anderen
Gläubigen (z.B. Jakobus 5,16), was die Praxis der Heiligenverehrung
unterstützt.
- Die Vorstellung von den Heiligen als Fürsprechern findet sich auch in der Tradition des Neuen Testaments.
5. Historische Entwicklung
- Die Verehrung von Heiligen hat sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt und war besonders im frühen Christentum verbreitet.
- Viele frühe Christen sahen in den Märtyrern Vorbilder des Glaubens und suchten ihre Fürsprache in schwierigen Zeiten.
6. Kritik an der Heiligenverehrung
- Kritiker argumentieren oft, dass die Praxis der Heiligenverehrung zu
einer Verlagerung des Fokus von Gott auf Menschen führen kann.
- Einige protestantische Traditionen lehnen die Heiligenverehrung ab
und betonen stattdessen den direkten Zugang zu Gott durch Jesus
Christus.