Strafanzeigen dürfen vor der öffentlichen Verhandlung oder dem Abschluss des Strafverfahrens nicht im Wortlaut veröffentlicht werden
Wenn in den Medien zu hören oder zu lesen ist, daß Politiker oder andere Prominente eine Strafanzeige erstattet haben, sollte man stets mißtrauisch sein. Denn wer eine Strafanzeige erstattet, muß davon ausgehen, daß der in der Strafanzeige geschilderte Sachverhalt von der Strafverfolgungsbehörde dem Beschuldigten zur Kenntnis gegeben wird. Dadurch wird die Schilderung des Sachverhalts ein wesentlicher Teil eines amtlichen Schriftstücks mit der Folge, daß die folgende Bestimmung des Strafgesetzbuches anzuwenden ist:
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
3. die Anklageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.
Autor: Wilhelm Klumbies, D-41065 Mönchengladbach