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Gewerkschaft
der Polizei
Landesbezirk
Nordrhein-Westfalen |
An die
Staatsanwaltschaft Münster
Am Stadtgraben 10
48143 Münster
S t r a f a n z e i g e
Begründung:
Am 24./25.4.1995, 7./8. 5. 1996, 3./4./5.3.1997 und 19./20.3.1998 wurden jeweils Transporte mit abgebrannten Kernelementen in die Zwischenlager Gorleben und Ahaus durchgeführt.
Zum Schutz dieser Transporte radioaktiver Stoffe waren tausende Beamte/innen aus Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern mehrere Tage lang eingesetzt. Teilweise haben Polizeibeamte/innen die CASTOR-Behälter über längere Strecken und Zeitabstände in unmittelbarer Nähe begleitet. Dabei waren die eingesetzten Kolleginnen und Kollegen sowohl durch die Betreiber als auch die Kontrollbehörden und die Politik stets dahingehend informiert worden, daß von den Castor-Behältern keinerlei gefährdende Strahlung ausgehe.
Aufgrund der Medienberichte der letzten Tage steht fest, daß schon seit Mitte der 80iger Jahre aufgrund der Meßergebnisse französischer Aufsichtsbehörden den Betreibern und den deutschen Kontrollbehörden - vermutlich auch den politisch Verantwortlichen mit der Bundesumweltministerin bzw. ihrem Vorgänger im Amte an der Spitze - bekannt ist, daß die Außenflächen der CASTOR-Behälter weit über die zulässigen Höchstwerte kontaminiert waren.
Maximal zulässig sind Kontaminierungswerte an der Oberfläche von Transportbehältern von 0.4 Bq pro Quadratzentimeter Alphaaktivität und von 4.0 Bq pro Quadratzentimetern Betaaktivität, die an keinem Punkt überschritten werden dürfen.
Die aus Frankreich vorliegenden Meßergebnisse haben Höchstwerte von bis 3.350-fach darüber erbracht. Es ist davon auszugehen, daß bei den o.g. CASTOR-Transporten gleiche Meßergebnisse gemacht und von den Verantwortlichen verschwiegen wurden.
Über sogenannte radioaktive Mikrostäube können diese radioaktiven Stoffe abregnen und sich bei Luftbewegung in die Umgebung verteilen. Dort werden sie vom Menschen eingeatmet, gelangen in die Nahrung oder mit Flüssigkeiten in den Körper und richten dort Strahlenschäden an. Auch Ablagerungen auf der Hautoberfläche des Menschen können nach den uns bekannten medizinischen Erkenntnisse zu Schäden führen.
Vor diesem Hintergrund besteht der dringende Verdacht, daß die die CASTOR-Behälter begleitenden Polizeibeamten/innen diesen lebensgefährlichen Strahlungen über einen langen Zeitraum ausgesetzt waren. Langfristig besteht für diesen Personenkreis die Gefahr eines Krebsschadens ggf auch eines Erbgutschadens.
Neben dieser Belastung durch die Oberflächenkontamination der Transportbehälter, welche den Betreibern und Kontrollbehörden bekannt gewesen sein müssen, den politisch Verantwortlichen möglicherweise bekannt waren und verschwiegen wurden, ergibt sich für die den Transport begleitenden Polizeibeamten/innen eine zusätzliche Gefährdung durch die abstandsabhängigen Direktstrahlungen welche die CASTOR-Wände durchdringen, und zwar in Form der Gamma- und Neutronendosis.
Bei einer Überschreitung der max. zulässigen Kontaminierungsgrenzwerte an der Außenwand der CASTOR-Behälter ist der § 311 d StGB erfüllt. Gleiches gilt für bestimmte Randbereiche der Transportbehälter für HWA-Glaskokillen der Typen "TSV 28 V und HAW 20/28" zwischen Decke und Mantel, da sich dort nach uns vorliegenden Erkenntnissen stark neutronendurchlässige Stellen befinden sollen, an denen die Grenzwerte der Gamma- und Neutronendirektstrahlung nicht eingehalten werden können.
Da zu befürchten ist daß eine Vielzahl von Polizeibeamten/innen, die zum Schutz der CASTOR-Behälter eingesetzt wurden, diesen gefährlichen Strahlen ausgesetzt waren und möglicherweise noch nicht zu abzusehende Gesundheitsschäden erlitten haben, erstatten wir diese Strafanzeige.
Wir bitten Sie, die notwendigen strafprozessualen und strafrechtlichen Maßnahmen einzuleiten.
Wegen der politischen Dimension der Angelegenheit bitten wir Sie, uns über den Fortgang der Angelegenheit zu informieren.
Letztlich bitten wir um die Bestätigung des Eingangs dieser Strafanzeige.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Werner Swienty
Vorsitzender